Der anhaltende Boom an den Finanzmärkten verleitet Anleger zum Übermut.
Es ist wahrhaftig ein Paradies für Anleger: Seit Jahren steigen die Aktienmärkte fast ohne Unterbruch. Schweizer Aktien rentierten seit März 2009 mehr als 150%. Amerikanische Unternehmen haben ihren Wert gar verdreifacht. Auch Obligationen- und Immobilienpreise erreichen aufgrund anhaltend tiefer Zinsen laufend neue Höchststände.
Doch schon Göthe wusste: „Alles in der Welt lässt sich ertragen, nur nicht eine Reihe von schönen Tagen“. Geht es lange gut, neigt der Mensch zur Übermut und alsbald zum Leichtsinn. Risiken werden zunehmend verdrängt und ausgeblendet, es locken nur noch die Gewinne. So ist die menschliche Natur. An den Finanzmärkten kann dies derzeit fast idealtypisch beobachtet werden. Das ist nichts Neues in der Geschichte. Erinnern wir uns nur an den Boom bis 2008, der dann durch die Finanzkrise unsanft beendet wurde. Die Risikobereitschaft vieler Anleger ist auch heute wieder im Steigen begriffen. Für immer höhere Risiken wird eine immer geringere Entschädigung verlangt; auf breiter Front, in zahlreichen Anlageklassen.
So werden etwa riskante Kredite mit immer geringeren Zinsaufschlägen belohnt. Selbst das wiederholt zahlungsunfähige Argentinien erhält wieder 30-jährigen Kredit.
Jährliche Entschädigung für das Risiko von Krediten an ausgewählte Firmen, stellvertretend für den generellen Trend. (5y CDS, Quelle: Bloomberg)
Die Absicherung von Aktienrisiken mittels Optionen ist so günstig wie seit den Jahren vor der Finanzkrise nicht mehr. Auch die Versicherungsprämien für Schäden aus Naturkatastrophen sind gesunken. Die Akzeptanz finanzieller Risiken hat generell und grossflächig zugenommen.
Preis für die Absicherung von Aktienmarktrisiken (Implizite Volatilitäten von Indexoptionen mit 1 Jahr Restlaufzeit, Quelle: Bloomberg)
Kann aus diesem Übermut abgeleitet werden, dass uns die nächste starke Korrektur oder gar eine neue Finanzkrise bevorsteht? In keiner Weise. Es ist sehr wohl möglich, dass die Aktienmärkte weitere Jahre boomen. Auch steht nirgends geschrieben, dass die Aktienpreise während der nächsten Korrektur wieder unter das heutige Niveau fallen. Ein Blick auf die langfristige Entwicklung amerikanischer Aktien macht deutlich, dass der aktuelle Boom im historischen Vergleich weder aussergewöhnlich lang noch aussergewöhnlich stark ist. Die kurz und mittelfristige Entwicklung von Aktienpreisen lässt sich nicht zuverlässig prognostizieren. Wer sein Geld langfristig anlegen will, sollte an Aktien grundsätzlich festhalten.
Die langfristige Entwicklung amerikanischer Aktien zeigt, dass der Boom der letzten Jahre nicht aussergewöhnlich ist. (S&P 500 TR und Vorgängerindices in CHF, logarithmische Skala. Quellen: www.econ.yale.edu/~shiller, SNB, Bloomberg).
Aufgrund der tiefen Risikoprämien haben wir aber beschlossen, die Risiken im Partisan etwas zu reduzieren. Einen Viertel unseres Aktienportfolios haben wir gegen grosse Verluste versichert*. Boomen die Märkte weiter, sind wir bereit, den relativ geringen Preis zu bezahlen. Zudem meiden wir übermässige Kreditrisiken. Dies nicht nur aufgrund der momentan geringen Entschädigung, sondern auch aus grundsätzlichen Diversifikationsüberlegungen.
*Für den finanztechnisch interessierten Leser: Technisch erfolgte diese Absicherung durch die Substitution von linearem Aktienexposure durch langlaufende Calloptionen mit tiefem Ausübungspreis (ca. 10% „in the money“). Wir konzentrierten uns dabei auf die hochliquiden Optionsmärkte auf den Eurostoxx50 und S&P500. Insgesamt haben wir ca. 1/4 des Aktienportfolios teilabgesichert.