Wer mutlos nur dann investiert, wenn ihm die Welt und die Märkte relativ sicher erscheinen, wird auf die Dauer sein Vermögen dezimieren.
„Die Lage ist mir momentan zu unsicher, ich warte noch mit dem Kauf von Aktien“. Das sagen jeweils viele Anleger (und professionelle Vermögensverwalter), wenn die Welt in einer Krise steckt, wenn die Zukunft unsicher erscheint und die Börsen bereits stark an Wert verloren haben. Statt die Unsicherheit zu akzeptieren, warten sie lieber auf sicherere Zeiten. Sie nehmen an, dass erst dann die Aktienkurse wieder zuverlässig steigen. Sie betreiben klassisches Market Timing.
Das ist menschlich und verständlich. Doch ist es auch sinnvoll und vernünftig? Fragen wir den Teufel. Dieser erklärt uns die Begriffe Sicherheit und Market Timing:
Certainty, n. An imaginary state of clarity and predictability in economics and geopolitical affairs that all investors say is indispensable – even though it doesn’t exist, never has, and never will.
The most fundamental attribute of financial markets is uncertainty. Just when you think you know what is sure to happen, the financial markets are about to prove that you are wrong.
Whenever turmoil or turbulence becomes obvious, pundits proclaim that „investors hate uncertainty“. But uncertainty is the only condition investors ever have faced, or ever will, from the moment barley and sesame first began trading in ancient Mesopotamia to the last trade that will ever take place on Planet Earth.
Thus, hating uncertainty is a waste of time and energy. You might as well hate gravity or protest against the passage of time. The only certainty is that uncertainty will never go away.
Market Timing, n. The attempt to avoid losing money in bear markets; the most common result, however, is to avoid making money in bull markets.
Der Teufel macht keine Witze, seine Worte sind ernst. Er beschreibt exakt, was sich wieder und wieder beobachten lässt. Wenn die Welt und die Finanzmärkte gerade rosig und sicher erscheinen, bedeutet das nicht, dass die Zukunft sicher und rosig ist. Die meisten grossen Krisen und Markteinbrüche kommen unerwartet aus dem Blauen. Oder hatten Sie mit der Finanzkrise, den Corona-Lockdowns, dem Ukraine Krieg und dessen Folgen gerechnet?
Und wenn die Welt gerade finster und bedrohlich erscheint, heisst das nicht, dass die Zukunft zwingend düster ist. Der Wendepunkt zum Guten kommt oft unerwartet und rasch. Und er wird von den Meisten erst mit beträchtlicher Verspätung erkannt. Kein mir bekannter
Prognostiker hatte sich während der depressiven Corona-Stimmung im März 2020 vorstellen können, dass die Aktienmärkte bereits den Tiefpunkt erreicht hatten und sich in wenigen Wochen weitgehend erholen würden. Die Börsen kündeten damals bereits die gänzlich unerwartet rasche Erholung der Wirtschaft an, wie wir heute wissen. Auch auf dem Höhepunkt der Finanzkrise drehten die Märkte urplötzlich ins Positive, Wochen und Monate bevor das Gros der Analysten den Silberstreifen am Horizont erblickte.
Wer mutlos nur dann investiert, wenn ihm die Welt und die Märkte relativ sicher erscheinen, um während der nächsten Krise wieder ängstlich zu verkaufen, wird auf die Dauer sein Vermögen dezimieren. Mit überraschender Sicherheit. Denn er folgt zwangsläufig einer ungewollten Regel: „Buy high, sell low“.