Die Postfinance will auf Guthaben über einer Million Franken Negativzinsen von 1% belasten. Das Beispiel könnte Schule machen.
Unter der beschönigenden Bezeichnung „Guthabengebühr“ erhebt die Postfinance ab Februar 2017 als erstes grosses Institut offiziell auch bei privaten Anlegern Negativzinsen von 1% p.a. auf jenen Guthaben, die eine Million Franken übersteigen. Die Postfinance sieht sich zu diesem Schritt gezwungen, weil sie die Kundeneinlagen im heutigen Zinsumfeld nicht mehr gewinnbringend anlegen kann.
Kein Dammbruch?
Werden andere Banken folgen? Sowohl die NZZ wie auch das Schweizer Fernsehen erachten das als unwahrscheinlich. Die Postfinance sei ein Sonderfall, weil sie kein Kreditgeschäft betreiben darf. Andere Banken könnten die Ertragsausfälle durch entsprechende Margen insbesondere im Hypothekargeschäft kompensieren. NZZ und SRF blenden jedoch drei wesentliche Aspekte aus.
Zum einen übersehen sie, dass auch andere Banken die Einführung von Negativzinsen erwägen. Dies hat etwa die Migrosbank unmissverständlich klar gemacht. Nachahmer können sich jetzt bequem auf den Präzedenzfall Postfinance berufen; Kritik und Reputationsschäden treffen vorwiegend den Ersten.
Zweitens sind mit dem Hypothekargeschäft erhebliche Risiken des Kreditausfalls verbunden, was in einer Zeit des Immobilienbooms und tiefer Zinsen allzu leicht vergessen geht. Die Spatzen pfeifen seit geraumer Zeit von den Dächern, dass einige Banken derart aggressive Konditionen bieten, dass ihre Margen die eingegangenen Risiken kaum noch adäquat entschädigen. Wer versucht, die durch negative Zinsen verursachten Ausfälle im Kredit- und Hypothekargeschäft wettzumachen, muss mit dem Verlust von Marktanteilen rechnen.
Und drittens ist damit zu rechnen, dass die von den Strafzinsen betroffenen Sparer ihrerseits reagieren. Manche werden ihre Guthaben von der Postfinance zu andern Banken transferieren, was den Druck auf letztere erhöht. Auch die Beschwichtigungen, nur sehr reiche und grosse Kunden seien betroffen, könnten sich bald als Illusion erweisen, ansonsten diese „Millionen-Kunden“ ihre Guthaben ganz einfach auf zwei oder mehrere Banken verteilen.
Der Damm könnte rasch brechen.