Je nervöser die Aktienmärkte, desto wankelmütiger und widersprüchlicher werden die Prognosen. Schenken Sie kurzfristigen Empfehlungen keine Beachtung und bleiben Sie bei Ihrer durchdachten, langfristigen Strategie.
„Ein Hauch von Black Monday erfasst die Wall Street“ titelte die NZZ am 12. Oktober 2018, nachdem der amerikanische Aktienmarkt in zwei Tagen gut 8% an Wert verloren hatte. Die NZZ bewertet das als „Trendumkehr“ und glaubt das „Ende des Börsen-Schlaraffenlands“ zu erkennen. Am 18. Oktober – die Aktien sind inzwischen wieder etwas gestiegen – gibt die Crédit Suisse Entwarnung: „Vor dem Hintergrund des robusten globalen Wachstumsumfelds bestätigt das Anlagekomitee der Credit Suisse in seiner jüngsten Sitzung seine positive Einschätzung von Aktien„. Nochmals eine Woche später (25. Okt.) und wieder ein paar Prozente tiefer, bekommt die Bank Angst vor dem eigenen Optimismus: „Unserer Ansicht nach sollten Anleger nur langsam an den Markt zurückkehren„. Am 29. Oktober verkündet dann die UBS „we are overweight global equities“ (UBS House View Briefcases).
Solche Kakophonie ist nicht neu. Finanzmärkte lassen sich eben nicht zuverlässig prognostizieren. Banken und Finanzmarktexperten wissen das schon lange. Die Abgabe von Prognosen zu Währungen sei „etwa so, als würde man mit verbundenen Augen Auto fahren und der Beifahrer gibt Kommandos, während er durch die Heckscheibe nach hinten blickt“ schrieb der angesehene, inzwischen verstorbene UBS Chefökonom Andreas Höfert (CIO Weekly, 7.3.2014). Dafür, dass er zeigte, dass Aktienpreise kurzfristig nicht prognostizierbar sind, erhielt Eugene Fama 2013 den Nobelpreis.
Wenn man also weiss, dass Finanzmärkte kurzfristig nicht sinnvoll prognostiziert werden können: Warum publizieren Banken und Medien dennoch laufend entsprechende Empfehlungen?
Einen Hinweis gibt eine Anekdote, die dem Nobelpreisträger Kenneth Arrow zugeschrieben wird. Im zweiten Weltkrieg arbeitete dieser als Mathematiker in einem Team, das längerfristige Wetterprognosen erstellte. Bald merkte er, dass diese Prognosen nichts taugten. Er beantragte deshalb die Einstellung der sinnlosen Arbeit. Sein Truppenkommandant antwortete, er wisse sehr wohl, dass die Prognosen unbrauchbar seien. Er brauche sie aber für die Planung. Auch ich stelle meine persönliche Freizeitplanung ganz irrational auf 6-Tages Prognosen ab, die mit den unmissverständlichen Worten „Trend mit tiefer Prognosezuverlässigkeit“ beginnen.
Neben der Nachfrage nach zweifelhaften Prognosen besteht natürlich auch ein gewisses Eigeninteresse auf der Angebotsseite. Die Schlagzeile „Wir wissen es nicht“ verkauft sich weniger gut als „Ein Hauch von Black Monday“. Auch bei den Banken ist die Ausgangslage klar. „Hin und her macht Taschen leer“ gilt nur aus Sicht der Kunden. Die Taschen der Finanzinstitute füllen sich derweil mit Courtagen.
Geht es Ihnen beim Anlegen nicht um Nervenkitzel, sondern um die langfristige Rendite, gibt es für Sie nur eine brauchbare Empfehlung: Kaufen Sie Ohrstöpsel und lesen Sie keine aktuellen Finanzmarktkommentare. Schenken Sie wechselnden Empfehlungen keine Beachtung, und bleiben Sie bei Ihrer durchdachten, langfristigen Strategie. Damit sind Anleger noch immer am besten gefahren.