Steuern belasten viele Wertschriftenportfolios unnötig stark. Anleger wie Vermögensverwalter sind sich dessen oft nicht bewusst.
Kaum wahrnehmbar kumulieren sich Steuern über die Zeit zu bedeutenden Beträgen. Wer aufgrund steuerlich nachteiliger Vermögensanlagen vom Fiskus jährlich mit 1% zusätzlich belastet wird, verliert über eine Periode von dreissig Jahren ein sattes Viertel seines Vermögens. Diese Zahl dürfte für viele Sparer keineswegs aus der Luft gegriffen sein.
Ächtung des Steuersparens
Anleger wie Vermögensverwalter sind sich der Steuerfolgen ihrer Investitionen oft nicht bewusst. Ein Grund hierfür ist gewiss die zunehmende Tabuisierung des Steuersparens. War die Begrenzung von Steuern im Rahmen des geltenden Rechts noch bis ins letzte Jahrzehnt gesellschaftlich akzeptiert, so tritt heute rasch in den Dunstkreis des moralisch Verwerflichen, wer versucht, den Obolus zu reduzieren. Die Grenzen zwischen legaler Steueroptimierung und verbotener Steuerhinterziehung werden in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr verwischt.
Dass Steueraspekte von vielen Banken zum Schaden der Anleger ausgeblendet werden, kann vor diesem Hintergrund nicht erstaunen. Undifferenziert werden Produkte propagiert, die unter Berücksichtigung der fiskalischen Belastung für zahlreiche Kunden unattraktiv oder verlustbringend sind.
Steuermaximierung?
Eine Kantonalbank empfiehlt etwa eine Anleihe der KFW mit 5% Coupon und Verfall 2020. Deren Rendite vor Steuern liegt im Einklang mit den tiefen Zinsen nur knapp über Null. Die Couponzahlungen werden durch die Differenz zwischen dem heutigen Kaufpreis und dem bei Verfall rückzahlbaren Nominalbetrag weitgehend kompensiert. Während der Coupon jedoch als Kapitalertrag besteuert wird, können die Kursverluste nicht vom Einkommen abgezogen werden. Diese Asymmetrie kommt bei hohen Steuersätzen teuer zu stehen. So verliert ein in Liestal, Bern oder Lausanne ansässiges Ehepaar mit einem steuerbaren Einkommen von 150’000 Franken und einem entsprechenden Grenzsatz von ca. 39% bis zum Verfall annähernd 12% des investierten Geldes. Beim Kauf einer Obligation mit marktgerecht tiefem Coupon entstünde dagegen kaum ein Verlust. Auch auf dem Konto bliebe das Kapital selbst bei fünf Jahren Nullzinsen vollumfänglich erhalten. Ähnlich problematische Empfehlungen sind insbesondere im Segment der hochrentierenden Anleihen regelmässig anzutreffen.
Unverhältnismässige Belastungen können auch die häufig angepriesenen Aktien mit hohen Dividendenrenditen nach sich ziehen. Private Anleger konzentrieren sich meist besser auf Unternehmen, die ihre Gewinne zurückbehalten. Denn letztere fallen im Gegensatz zu Ausschüttungen in der Form steuerfreier Kursgewinne an.
Selbst die aufgrund tiefer Verwaltungskosten so beliebten Indexfonds sollten sorgfältig auf übermässige Steuerfolgen geprüft werden. So wies ein ETF eines grossen Schweizer Anbieters auf den englischen FTSE-Aktienindex letztes Jahr einen steuerbaren Ertrag von 7.7% aus. Das ist erfreulich für die Steuerbehörde, nicht für die Anleger.
Vielfältiges Optimierungspotential
Die Ungleichbehandlung ökonomisch komparabler Anlagen beschränkt sich nicht auf die Einkommenssteuern. So ist die Befreiung der Schweizer Anlagefonds von der Stempelabgabe ein wesentliches Kriterium, wenn es um die Wahl zwischen einem umsatzintensiven Vermögensverwaltungsmandat und einem Strategiefonds geht. Überdies geniessen Anlagefonds gegenüber Mandaten erhebliche Vorteile bei Mehrwertsteuern und steuerlicher Abzugsfähigkeit der Verwaltungskosten. Ausländische Quellensteuern fallen bei der Beurteilung konkurrierender Aktienprodukte stark ins Gewicht.
Fiskalische Aspekte spielen nicht nur bei der Selektion einzelner Wertpapiere, sondern auch bei der Gewichtung ganzer Anlageklassen im Rahmen der grundlegenden Anlagestrategie eine bedeutende Rolle. Die relative Attraktivität einer Anlageklasse kann je nach Steuerregime stark variieren. Wessen Einkommen in Neuenburg mit weit über 40% besteuert wird, sollte beispielsweise nicht in inflationsgeschützte Obligationen investieren. Bei diesen Anleihen sind die Steuerrisiken aufgrund von Sonderregelungen besonders ausgeprägt.
Die genannten Beispiele zeigen: Eine systematische Berücksichtigung fiskalischer Kriterien bei Anlageentscheiden kann den langfristigen Anlageerfolg spürbar verbessern. Dazu sind weder erhöhte Risiken noch steuerrechtlich anrüchige Praktiken nötig.