Immer extremere Massnahmen der Zentralbanken schaffen eine inhärente Instabilität im Währungsgefüge. Anleger in der Schweiz sollten nicht ausschliesslich in Franken-Anlagen investieren.
Seit Jahren versuchen Notenbanken durch immer tiefere Zinsen und eine enorme Ausweitung der Zentralbankgeldmengen („quantitative easing“) höheres Wirtschaftswachstum und steigende Inflationsraten zu erzwingen. In mehreren Währungsräumen wurden bereits negative Zinsen eingeführt. Unternehmen sollen damit animiert werden, Kredite aufzunehmen und vermehrt zu investieren. Staaten können schuldenfinanzierte Ausgaben leichter tragen. Private werden gedrängt, mehr zu konsumieren statt zu sparen. Die daraus resultierende Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen soll der Wirtschaftsentwicklung auf die Beine helfen.
Geldpolitik erzeugt enorme Unsicherheit
Diese Strategie hat bis anhin kaum gefruchtet. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Unsicherheit hemmt Konsum- und Investitionsentscheide. Und gerade die aktuelle Geldpolitik trägt zur Unsicherheit bei. Dennoch stellen die verantwortlichen Notenbanken – insbesondere die EZB – die Strategie des billigen Geldes nicht in Frage, sondern intensivieren sie mit immer stärkeren Massnahmen. Die Politik spielt mit: Zunehmende Einschränkungen des Bargeldes und ernsthafte Vorschläge zu dessen weitgehender Abschaffung zielen auf die Möglichkeit, die Zinsen stärker in den negativen Bereich zu drücken. Denn die faktische Besteuerung von Vermögen durch negative Zinsen ermuntert Unternehmen, Pensionskassen und Private sonst dazu, Bankguthaben durch Bargeldhaltung zu ersetzen und sich der schleichenden Enteignung zu entziehen.
Der Präsident der europäischen Zentralbank und andere Politiker denken seit Neuem auch laut über „Helikoptergeld“ nach. Gemeint ist die Gratisverteilung von Geld an alle, finanziert durch die staatlichen Notenbanken, letztlich also durch die Steuerzahler. Auch damit – so die kaum fundierte Hoffnung – soll der private Konsum angekurbelt werden.
Alle diese Massnahmen und Gedankenspiele erzeugen enorme Unsicherheit. Niemand weiss, wie, wann und wie stark sie sich konkret auf Konjunktur, Währungsgefüge, Aktienmärkte, Zinsen und Preisstabilität auswirken werden. Die hohe Komplexität der Zusammenhänge erlaubt keine auch nur annähernd zuverlässigen Prognosen. Vergleichbare historische Erfahrungswerte fehlen weitgehend.
Das Vertrauen in die Zentralbanken und damit in die Währungen erodiert jedoch wahrnehmbar. Das billige Geld erzeugt problematische Fehlanreize für Unternehmen, Staate und Private. Das natürliche Spar- und Investitionsverhalten der Wirtschaftssubjekte wird verzerrt und verfälscht, mit kaum absehbaren Folgen. Auch eine massive Umverteilung von Wohlstand mit entsprechenden Verlierern wird bewusst in Kauf genommen. Das erzeugt Spannungen, im Euroraum nicht nur zwischen Bevölkerungsschichten, sondern auch zwischen Staaten. Insgesamt wird eine inhärente Instabilität geschaffen.
Diversifikation als wirksamster Schutz
Die Schweiz ist aufgrund ihrer internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen von diesen Unwägbarkeiten in hohem Masse betroffen. Das schafft auch für hiesige Anleger eine ausserordentlich schwierige Situation. Was ist zu tun? Grundsätzlich gilt: Je grösser die Unsicherheit, je schwieriger die Prognosen, desto wichtiger wird die Diversifikation.
Für Anleger in einer kleinen, offenen Volkswirtschaft gilt dies insbesondere auch für die Währungsallokation. Denn wer sein Vermögen ausschliesslich in Franken-Anlagen hält, ist im Falle einer starken Abwertung der Heimwährung beträchtlichen Inflationsrisiken und damit Kaufkraftverlusten ausgesetzt: Wechselkursbedingt steigende Importpreise übertragen sich rasch auf das inländische Preisniveau.
Um nicht missverstanden zu werden: Wir erwarten keine Abwertung des Schweizerfrankens. Unser Vertrauen in die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die dauerhafte Werthaltigkeit des Frankens ist wesentlich grösser als das Vertrauen in die europäische oder die amerikanische Zentralbank. Mit der Aufhebung des Mindestkurses zum Euro hat die SNB ihre Autonomie und ihr Bekenntnis zu einer an Preisstabilität orientierten Geldpolitik erneut und glaubwürdig bekräftigt. Aus zwei Gründen sollte das Szenario einer Abwertung des Frankens dennoch nicht ausgeschlossen werden:
- Der Druck auf die SNB seitens gut organisierter Interessengruppen wie Exportindustrie und Gewerkschaften ist anhaltend gross. Lautstark wird eine weitere Lockerung der Geldpolitik zur Schwächung des Frankens gefordert, während das Interesse der Sparer und Konsumenten an einem starken Franken im öffentlichen Diskurs mangels einer schlagkräftigen Lobby nur ungenügend zur Geltung kommt.
- Die Wirkungen der Geldpolitik erfolgen mit variabler zeitlicher Verzögerung und sind im Ausmass schwer zu prognostizieren. Auch hängen sie stark von wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen im Ausland ab, die ausserhalb des Einflussbereichs der SNB liegen. Die seit der Finanzkrise massive Ausweitung der Notenbankgeldmenge könnte bei einer plötzlich nachlassenden Nachfrage nach Schweizer Franken unerwartete Folgen haben.
Unter diesen Umständen ist es klug, einen Teil des Vermögens in Fremdwährungen oder Edelmetallen zu halten, und nicht alle Währungsrisiken abzusichern. Eine allfällige Abwertung des Schweizerfrankens reduziert dann nicht die Kaufkraft sämtlicher Anlagen.