Viele Anleger machen die Rechnung ohne den Steuervogt und bezahlen das teuer. Grössere Banken schauen gleichgültig weg. Aus guten Gründen.
Worauf kommt es beim Geldanlegen an? Glaubt man den grossen Banken, so beruht der Erfolg auf drei Pfeilern: Analyse der Märkte, Strategie und Disziplin. Das ist zwar nicht falsch. Doch die Aufzählung ist höchst unvollständig.
Der entscheidende vierte Pfeiler
Keine Analyse, keine Strategie und keine Disziplin kann den langfristigen Erfolg sichern, wenn der wichtigste, der vierte Pfeiler fehlt: Tiefe Kosten. Erträge aus Wertschriften nützen nichts, wenn sie durch laufende Kosten vernichtet werden. Betrachtet man die Preise mancher Anbieter, erstaunt nicht, dass sie dazu schweigen.
Steuern sind oft der wichtigste Kostenblock
Immer mehr Anleger erkennen das. Sie achten auf die Höhe der Courtagen, Depot- und Verwaltungsgebühren. Was aber nach wie vor nur Wenige realisieren: Auch Steuern sind Kosten. Die Summe aus Einkommens-, Stempel-, Quellen- und Mehrwertsteuern bildet in Zusammenhang mit Vermögensanlagen nicht selten den grössten Kostenblock. Dabei liesse sich die Steuerbelastung durch eine geeignete Wahl der Wertschriften und Anlageform ebenso wie Bankgebühren reduzieren. Dazu bedarf es keiner dubiosen Praktiken im Graubereich. Notwendig ist nur detailliertes Wissen, was wie genau besteuert wird.
Einige Beispiele verdeutlichen dies:
- Während die Dividenden der Zürich Versicherungen der Einkommenssteuer unterliegen, werden die Ausschüttungen der Swiss Life nicht besteuert. Der technische Hintergrund muss hier nicht näher interessieren. Doch bei Dividendenrenditen von über 5% ist das für Anleger ein höchst relevantes Selektionskriterium.
- Gross sind die Differenzen auch bei Obligationen. Zwei Anleihen mit praktisch identischen Risiko- und Renditeeigenschaften können vom Fiskus höchst unterschiedlich belastet werden. Dies aufgrund der schwierigen Abgrenzung zwischen steuerbarem Kapitalertrag und steuerfreiem Kapitalgewinn.
- Fiskalische Eigenschaften sollten auch bei der Gewichtung der Anlageklassen eine Rolle spielen. Beispielsweise sind sogenannte High-Yield Anleihen für die meisten privaten Anleger in der Schweiz aus Steuergründen unattraktiv. Auch Aktien aus Ländern mit hohen, nicht rückforderbaren Quellensteuern sollten von Privatpersonen tendenziell gemieden werden.
- Wer einen Schweizer Anlagefonds anstelle eines Vermögensverwaltungsmandats mit vergleichbarer Anlagestrategie erwirbt, fährt besser: Der Fonds geniesst gegenüber dem Mandat erhebliche Vorteile bei Stempelsteuern, Mehrwertsteuern und steuerlicher Abzugsfähigkeit der Verwaltungskosten. Doch Vorsicht, es gibt auch Fonds, die dem unwissenden Anleger trotz der genannten Vorteile völlig unverhältnismässige Steuerbelastungen zumuten.
Die Banken schauen weg
Es bleibt die Frage, warum viele grössere Banken dem Steueraspekt kaum Rechnung tragen und ihre Kunden nicht adäquat beraten. Vor allem drei Gründe stehen dahinter. Erstens sind Steuerregime länderspezifisch. Das verträgt sich schlecht mit der Strategie grosser Anbieter, die ihre Produkte länderübergreifend anbieten wollen. Zudem verdienen Banken an den steuerlich nachteiligen Mandaten in der Regel mehr als an den steuerlich begünstigten Fonds.
Zweitens spielen politische Entwicklungen eine Rolle. Vor dem Hintergrund der weltweit steigenden Staatsverschuldung wurde die Unterscheidung zwischen legaler Steueroptimierung einerseits und verbotener Steuerhinterziehung andererseits gezielt verwischt. Geltendes Steuerrecht wurde rückwirkend uminterpretiert oder faktisch ausser Kraft gesetzt. Das birgt für Banken hohe Risiken.
Drittens geziemt es sich weder für Institute in Staatseigentum, noch für Empfänger von Staatshilfen jeglicher Form, den Fiskus mittels Beratung der Anleger in Steuerangelegenheiten um Einnahmen zu bringen. Ein klassischer Interessenskonflikt.
Verständlicherweise sind deshalb die meisten grösseren Banken in Steuerfragen extrem vorsichtig oder gewollt unbedarft. Dass dies ihren Kunden zum Nachteil gereicht, nehmen sie in Kauf. Das sollte jeder Anleger wissen, sonst ist er der Dumme.