Der Damm ist gebrochen. Immer mehr Banken belasten Kundeneinlagen mit Negativzinsen. Was ist als Anleger zu tun?
Vier Jahre nachdem ein Winkelried namens Postfinance „Guthabengebühren“ ankündigte, ist der Damm ganz gebrochen. Inzwischen belasten zahlreiche Schweizer Banken Kundeneinlagen mit Negativzinsen. Weitere werden noch folgen.
Die Strafzinsen für Sparer sind die Folge der Geldpolitik. Um den Franken unattraktiv zu machen und gegenüber anderen Währungen zu schwächen, erhebt die Schweizerische Nationalbank seit Januar 2015 negative Zinsen auf den Girokonti der Geschäftsbanken. Aus Angst vor den Reaktionen haben diese lange gezögert, die Minuszinsen an ihre Kunden weiterzugeben. Doch keine Bank kann Kundengelder auf Dauer positiv verzinsen, wenn sie diese selber nur noch zu negativen Renditen anlegen kann. Der Dammbruch war eine Frage der Zeit.
Es ist durchaus möglich, dass die Zinsen plötzlich wieder markant steigen. Vor allem unerwartet hohe Inflationsraten könnten eine solche Bewegung auslösen. Wahrscheinlicher sind aus heutiger Sicht jedoch anhaltend tiefe Sätze über Jahre. Was ist mit solchen Aussichten als Anleger zu tun?
Empfehlungen der Banken…
Viele Banken empfehlen, Sparguthaben in positiv rentierende Anlagen umzuschichten. Häufig genannt werden etwa Fonds mit Unternehmensanleihen oder Aktien mit hohen Dividenden, strukturierte Produkte und Hedgefonds. Selbstverständlich liegen die Empfehlungen im Interesse der Banken. Im Unterschied zu Spareinlagen verdienen sie an solchen Produkten gut.
Entsprechen die Vorschläge auch den Interessen der Anleger? Vermutlich nicht immer. Zwar rentieren die propagierten Anlagen voraussichtlich besser als ein Sparkonto. Zumindest vor Kosten und Steuern. Aber ohne Risiko gibt es diese Renditen nicht. Vor allem bei schlechtem Wirtschaftsgang und Turbulenzen an den Finanzmärkten ist je nach Produkt mit massiven Ausfällen zu rechnen. Wer auf sein Geld angewiesen ist, sollte sich gut überlegen, welche Risiken er eingehen will.
Massgebend ist der Zeithorizont. Mittel, die etwa für den baldigen Erwerb einer Immobilie bestimmt sind, können ohne weiteres ein Jahr auf dem Konto bleiben. Die negativen Zinsen sollten dann als Versicherungsprämie für die Wertgarantie betrachtet werden. Wer hingegen für die Finanzierung seines Lebensabends spart, muss anders rechnen. Eine Versicherung nützt wenig, wenn die jährliche Prämie in Form negativer Zinsen über die Jahre wesentliche Teile des versicherten Geldes frisst. Dazu gesellt sich noch der Wertverlust durch Inflation.
… Interessen der Anleger
Wer Geld langfristig anlegen will, kommt um Risiken nicht herum. Anlagerisiken zu vermeiden heisst, ein ganz grosses Risiko in Kauf zu nehmen: Die schleichende Erosion des Vermögens durch negative Zinsen und Inflation.
Entscheidend ist die Wahl der risikobehafteten Anlagen. Auch diesbezüglich sind die Interessen des Bankberaters nicht unbedingt deckungsgleich mit den Interessen des Anlegers. Für diesen gelten die ewig gleichen drei Kriterien:
1. Echte Diversifikation: Don’t Di-worse-ify!
2. Kosten: Zentral ist das Verhältnis zwischen erwarteter Rendite (vor Kosten) und den kumulierten Kosten. Wer beim Kauf eines Fonds für Unternehmensanleihen mehr Courtagen, Verwaltungs- und Depotgebühren bezahlt, als die Anleihen rentieren, hat wenig vom Risiko.
3. Steuern: Einkommenssteuern auf den Anlageerträgen und Stempelsteuern kommen zu den Kosten dazu. Besonders wer in einer Hochsteuergemeinde wohnt, sollte die Wirkung nicht unterschätzen. Hochverzinsliche Obligationen oder Aktien mit hohen Dividenden sind entgegen mancher Empfehlung und entgegen der Intuition häufig alles andere als optimal.